Mindestlohn kommt erst langsam bei den Menschen an

Veröffentlicht am 28.05.2015 in Ortsverein

Seit 1. Januar 2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 € je Stunde. So oder so ähnlich lauten die Schlagzeilen, mit denen die Bundes-SPD ihren großen sozialpolitischen Erfolg in der Bundesregierung feiert.

Der Stammtisch der Buchloer SPD teilt zwar uneingeschränkt das Ziel des gesetzlichen Mindestlohns, ist aber deutlich weniger euphorisch als die Bundespartei bei der Beurteilung der bereits erreichten Zwischenschritte. Obwohl der Mindestlohn schon seit einigen Monaten Gesetz ist, gibt es noch viele Ausnahmen, Missbrauchsfälle und Gegner, die ihn am liebsten wieder abgeschafft sähen.

In etlichen Branchen bleiben Tarifverträge, die den Mindestlohn zum Teil deutlich unterschreiten, noch bis 1. Januar 2017 gültig. Bis zum selben Datum gelten außerdem noch Ausnahmen für Zeitungszusteller und Erntehelfer. Langzeitarbeitslose haben in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung, Praktikanten in den ersten drei Monaten keinen Anspruch auf Mindestlohn; für Auszubildende gilt er generell nicht.

Doch selbst Menschen, für die der Mindestlohn jetzt schon Gesetz ist, werden teilweise um ihren gerechten Lohn betrogen. Indem ihre Arbeitgeber notwendige Arbeitsvorbereitungen nicht mehr zur Arbeitszeit zählen, arbeiten die Beschäftigten deutlich mehr und verdienen im Schnitt weniger als zuvor. Hinzu kommen zahlreiche unbezahlte Überstunden, die nicht mit Freizeit ausgeglichen werden. Dem Vernehmen nach geschieht dies auch in Buchloe und Umgebung in nicht wenigen Fällen.

Eigentlich obliegt es der Bundeszollverwaltung, solcherlei Missbrauch aufzudecken. Hierfür wurden eigens 1600 neue Planstellen geschaffen. Doch entweder sind die neuen Zollmitarbeiter noch nicht ausgebildet oder die Kontrollen nicht scharf genug, um die schwarzen Schafe unter den Arbeitgebern zuverlässig zu entlarven.

Die SPD setzt sich darum selbst für die Betroffenen ein. Wer im Allgäu um seinen Mindestlohn betrogen wird, kann sich an die SPD-Geschäftsstelle in Kaufbeuren (Tel. 08341/3696) wenden. Dort wird ihm dann über die passende Gewerkschaft ein kostenloser gewerkschaftlicher Rechtsbeistand vermittelt, der gegen den Betrugsfall klagt. Das lohnt sich vor allem, wenn mehrere Beschäftigte einer Firma betroffen sind.

Aufgrund der beschriebenen Schattenseiten wollte sich am Stammtisch noch kein rechter Optimismus einstellen, dass der Mindestlohn dauerhaft alle Menschen erreichen wird. Der Stichtag am 1. Januar 2017 ist knapp vor der nächsten Bundestagswahl, und die Gegner des Mindestlohns sowie ihre fürstlich bezahlten politischen Fürsprecher lauern nur darauf, ihn bei nächster sich bietender Gelegenheit wieder abzuschaffen. Darum wird die SPD als Anwalt der kleinen Leute weiterhin dafür kämpfen müssen, dass gerechte Arbeit auch gerecht entlohnt wird.